Theodor Fontane, Schach von Wuthenow

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1966

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In der Novelle um den eitlen und schwachen Rittmeister von Schach hält Theodor Fontane dem preußischen Militär einen Spiegel vor. Entstehung: 1815 erschoss sich in Berlin Major von Schack, weil er vor seinen Kameraden die geplante Heirat mit einer hässlichen, nicht ebenbürtigen Frau nicht zu rechtfertigen verstand. Fontane verlegte diesen Stoff in die Jahre 1805/06, sodass der Selbstmord eine symbolisch-politische Bedeutung erhält – als Ankündigung des Niedergangs der preußischen Armee durch die napoleonischen Truppen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. Inhalt: Rittmeister von Schach aus dem elitären Regiment Gendarmes ist ein gern gesehener Gast im Salon der verwitweten Frau von Carayon und ihrer Tochter Victoire. Schach bemüht sich so offensichtlich um die schöne Mutter, dass man von einer bevorstehenden Heirat munkelt. Doch Offiziere, die Schach kennen, sind sich sicher, dass es zu keiner Eheschließung kommen kann, da sich der Rittmeister durch die hässliche Victoire geniert fühle. Schach gilt als ungeheuer eitel; er ist vollkommen abhängig von der Wertschätzung seiner Standesgenossen. Die durch Blatternarben entstellte Victoire beleidigt sein ästhetisches Empfinden. Ihre positiven Eigenschaften wie Charme, Intelligenz und Herzenswärme vermag der auf Äußerlichkeiten Fixierte nicht zu schätzen. Bei einem Ausflug nimmt er nur so lange Victoires Arm, als man sich auf freiem Feld befindet, wechselt aber zur schönen Mutter, als man sich einer besetzten Gartenwirtschaft nähert. Victoire ist gekränkt, durchschaut ihn, kann aber nichts gegen ihre Gefühle tun: Sie hat sich in Schach verliebt. Als dieser bei einer Abendgesellschaft des Prinzen Louis Ferdinand dessen süffisanten Betrachtungen über langweilige ebenmäßige Schönheit und wahre Schönheit im Hässlichen lauscht, ist er zutiefst beeindruckt. Bei seinem nächsten Besuch im Hause Carayon trifft Schach die erkrankte Victoire allein an. Das leichte Fieber verschönt ihren Teint, die Gedanken des Prinzen sind noch präsent – Schach verführt Victoire, die sich ihm bereitwillig hingibt. Nach diesem Abend meidet Schach Frau von Carayon und ihre Tochter. Victoire gesteht ihrer Mutter jedoch alles, denn sie ist schwanger; Frau von Carayon besteht auf einer Heirat. Als die bevorstehende Verbindung Schachs mit der unschönen Tochter der einst umworbenen Mutter bekannt wird, trifft ihn der Spott seiner Kameraden. Schach flieht auf sein Gut, um sich der Schande zu entziehen. In ihrer Verzweiflung bittet Frau von Carayon den König, auf seinen Offizier einzuwirken. Schach wird nach Potsdam bestellt und Friedrich Wilhelm III. befiehlt ihm die Eheschließung mit Victoire von Carayon. Schach gehorcht und erschießt sich nach der Trauung. Victoire lebt am Ende mit ihrem Kind in Rom, verzeiht Schach und dankt ihm für die empfangene Liebe. Wirkung: Die Novelle war bei Publikum und Kritik gleichermaßen ein Erfolg. Nur wenige Rezensenten erkannten jedoch die zeitkritische Tendenz und werteten Schach als Symbolgestalt für das hybride preußische Militär.

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Anmerkung des Umsetzungsdienstes: Das Werk ist zitierfähig.

Keywords

Sprach- und Literaturwissenschaften

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